Waldbaden, was ist das? In der Natur können wir unsere Energiereserven wieder auffüllen. Das gilt insbesondere für den Aufenthalt in Wäldern. In Japan gibt es dazu einen ganzen Forschungszweig, der sich mit der positiven Wirkung des Waldes auf den Menschen beschäftigt. Aber wieso genau ist das so? Welchen Einfluss hat der Aufenthalt im Wald auf unseren Körper? Aber auch jenseits der wissenschaftlichen Erkenntnisse hat ein Aufenthalt im Wald viel zu bieten. Im Wald werden all unsere Sinne angesprochen.

 

Loslassen und Sinneswahrnehmungen

In der Natur können wir unsere Gedanken loslassen und einfach nur “sein”. Wir können in die Umgebung eintauchen und unserer Sinne durch die vielfältigen Eindrücke berühren lassen: die unterschiedlichen Grüntöne der Wiesen, der Bäume und der Wälder als Ganzes, die unterschiedlichen Farben der Blumen und des Himmels. Wir nehmen Gerüche wahr, die wir oftmals gar nicht mehr zuordnen können: die ätherischen Öle des Nadelwaldes, den Geruch des aufziehenden Regens, frischgemähte Wiesen oder den erdigen Geruch von feuchtem Waldboden.

Und dann sind da noch diese vielen leisen und lauten Geräusche. Wir hören Zirpen und Zwitschern, ein Rascheln und Knacksen. Es ist wie im Dschungel – unserem europäischen Dschungel. Unser Geist ist beschäftigt mit dem Erkennen der Wahrnehmung und gerät dabei in eine wunderbare Stille.

In dieser Stille nehmen wir vielleicht die leise Berührung des Windes oder die angenehme Wärme der Sonne auf der Haut.

Mit dieser bewussten Wahrnehmung erfassen wir die Großartigkeit und Vielfalt unserer Umwelt und kommen wieder näher an den natürlichen Rhythmus des Lebens.

 

Die Wirkung auf den Körper

Diese vielfältigen Sinneseindrücke, die im Wald oder der freien Natur auf uns wirken, stimulieren die Aktivität des Parasympathikus, so der österreichische Biologe und Autor Clemens G. Arvay. Der Parasympathikus ist ein Teil unseres Nervensystems. Und zwar ein sehr wichtiger, der für Erholung und Regeneration bis auf die Zellebene verantwortlich ist.

In unserem hektischen urbanen Leben ist der Gegenspieler des Parasympathikus, der Sympathikus, sehr aktiv. Arvay ist der Meinung, dass wir als moderne Menschen genau aus diesem Grund Natur und Wald als Ausgleich benötigen.

 

Waldbaden – nachweislich wirksam gegen Stress

In Japan wird dieses Wissen erforscht und trägt den Namen “Shinrinyoku” – was auf Deutsch “Waldbaden” bedeutet. Shinrinyoku ist dort eine anerkannten Methode für Stress-Management und wird auch durch das Gesundheitswesen gefördert. Für das Waldbaden hat sich ein eigener Forschungszweig im universitären Kontext etabliert.

Die ”Forest Medicine” bzw. “Waldmedizin” begeistert mittlerweile Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Gerade bei Bewohnern von Großstädten können regelmäßige Waldbesuche sehr viel Positives bewirken. Waldbaden kann eine gute Möglichkeit sein, einem Burn-out entgegenzuwirken.

Im Wald sind wir einer Vielfalt von biochemischen Reizen ausgesetzt.

Die Pflanzen dort kommunizieren über sogenannte Terpene. Diesen organischen Substanzen wurden diverse antivirale und entzündungshemmende Wirkungen auf den menschlichen Körper nachgewiesen. Wir können einen Teil der Terpene riechen, andere wiederum nicht. Dennoch wirken sie auf unser Nervensystem.

Japanische Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass durch das Einatmen der ätherischen Öle, die die Bäume in die Luft abgeben, unser Immunsystem gestärkt wird. Aus weiteren Studien ging hervor, dass das Waldbaden Angstzustände, Depressionen und Wut verringern kann.

 

Entspannung für den Kopf

Ein Team von japanischen Wissenschaftlern rund um Professor Bum-Jin Park untersuchte die Wirkung des Shinrinyoku auf physiologische Prozesse. Sie fanden u.a. heraus, dass sich durch den Waldaufenthalt die Aktivität im präfrontalen Cortex des Gehirns senken ließ. Dieser Teil des Gehirns wird gerade für konzentriertes Arbeiten genutzt und wird somit in unserer modernen Gesellschaft stark beansprucht. Mit dem Waldbaden haben wir ein kostenloses Tool an der Hand, um unserem Gehirn vom “Denkstress” eine Erholungs- und Regenerationspause zu gönnen.

Negative Ionen

In der Luft befinden sich winzige Teilchen, die sich Ionen nennen. Diese können negative oder positiv geladen sein. Negativen Ionen wird eine positive Wirkung auf den menschlichen Körper zugesprochen, u.a. auf unser Immunsystem. Sie kommen hauptsächlich in der Natur vor. Nach einem Sturm, im Wald oder an Wasserfällen können wir sie besonders spüren. Luft, die besonders viele negative Ionen enthält fühlt sich sehr klar und frisch an. Bei Wetterveränderungen kann man das sehr gut spüren: Ein plötzlicher Anstieg von positiven Ionen in der Luft vor einem Sturm kann uns Menschen negativ beeinflussen, während uns eine Zunahme von negativen Ionen nach einem Sturm erfrischt und stimuliert.

Wie du diese Erkenntnisse für dich nutzen kannst

 

1. Waldbaden ausprobieren

Regelmäßiges Waldbaden verbessert auch unseren Schlaf-Wach-Rhythmus, sorgt für mehr innere Ruhe und kann gleichzeitig die Vitalität stärken. Bereits nach einem Waldspaziergang von 15 Minuten lässt sich eine stressreduzierende Wirkung beobachten.

2. Gehen in freier Natur

Solltest du keinen Wald in deiner Nähe haben, kannst du auch von einem Spaziergang in freier Natur profitieren. Regelmäßiges Gehen und Wandern in freier Natur ist aus Sicht des Physiotherapeuten und Therapiewissenschaftlers Prof. Tobias Erhardt nicht nur eine Freizeitbeschäftigung. Er sagt, dass es auch eine positive gesundheitliche Wirkung hat, u.a. auf das Herz-Kreislauf-System und den Blutzuckerspiegel.

Wenn du abseits von den gepflasterten Pfaden eines Parks gehst und dich auf das Gefühl des Bodens unter dir einlässt, kannst du dich quasi erden. Erdung bedeutet verbunden zu sein, sich verwurzelt zu fühlen und Halt zu spüren. Erdung kann dir Kraft und Klarheit geben. Stell’ dir z.B. einen Baum mit Wurzeln vor, die dich halten – einem Stamm, der dir Energie gibt – und einer Krone, die dir Leichtigkeit und Kreativität schenkt.

Erdung bedeutet auch, den Boden unter den Füßen nicht zu verlieren, nicht abzuheben und sich von der Kraft unseres Planeten getragen zu fühlen.

 

Wir freuen uns immer über Feedback – uns liegt es sehr am Herzen, dich  zu unterstützen.
Deswegen interessiert uns wirklich, was dir die Übungen gebracht haben.
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Titelbild: Corinna Bachmann
Grafiken & Wasserfallbild: Vanessa Blöcher